Die Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 ist ein Fanal, das viele SchriftstellerInnen und Intellektuelle ins Exil treibt. Insgesamt verlassen das faschistische Deutschland zirka 2.500 AutorInnen und PublizistInnen.
In Petra Öllingers virtueller Bibliothek finden Sie eine Zusammenstellung mit Informationen über mehr als 200 ExilautorInnen, Sekundärliteratur und weiterführende Links.
Der politisch denkende, meist links orientierte Teil der ExilschriftstellerInnen erkennt rasch das Ausmaß der nationalsozialistischen Machtergreifung und schreibt konsequent gegen den Faschismus an.
Das Braunbuch
So erscheint bereits im Juli 1933 in Paris das „Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitlerterror“. Unter den Mitarbeitern befinden sich Alexander Abusch (1902 – 1982), Willi Münzenberg (1989 – 1940), Otto Katz (1895 – 1952), Alfred Kantorowicz (1899 – 1979) und Bruno Frei (1897 – 1988). Der Schutzumschlag wird von John Heartfield (1891 – 1968) gestaltet.
Der erste Teil des Buches beschäftigt sich mit dem Brand des Reichstages und der Rolle der NSDAP im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Reichstagsbrandprozess in Berlin, während der zweite Teil sich unter anderem mit der Zerschlagung der ArbeiterInnenorganisationen, den Konzentrationslagern und der Verfolgung der jüdischen Bevölkerung auseinandersetzt. Es wird in 17 Sprachen übersetzt. Für Deutschland bestimmte Exemplare werden als „Reclamhefte“ ins Land geschmuggelt: unter dem Titel „Hermann und Dorothea“ von Johann Wolfgang von Goethe.
„Die Prüfung“ – Roman über ein deutsches KZ
Oder Willi Bredel (1901 – 1964), er schuf 1933/1934 mit „Die Prüfung“ den ersten, auch international beachteten Roman über ein deutsches Konzentrationslager.
Über die Entstehung von „Die Prüfung“ schreibt Bredel: „In dreizehn Monaten Konzentrationslagerhaft, in Einzelhaft und in Dunkelhaft, in den Nächten, in denen ich ausgepeitscht wurde, in den übrigen Nächten, in denen ich das Schreien, Stöhnen und Wimmern meiner mißhandelten Genossen miterleben mußte, schrieb ich in Gedanken an einem Buch über diese Todesstätte. Weder Papier noch Bleistift hatte ich und wochenlang nicht einmal Licht, aber ich schrieb und schrieb, schrieb vom Wecken bis tief in die Nacht. Einige Kapitel schrieb ich in verschiedenen Varianten und wählte dann die aus, die mir am gelungensten erschienen. Fertige Kapitel und Passagen wiederholte ich mir in Gedanken so oft, bis ich sie beinahe auswendig kannte. Dreizehn Monate schrieb ich so ununterbrochen. Diesen Roman nahm ich, als ich durch das alte Zuchthaustor schritt, als Konterbande im Kopf mit in die Freiheit.“
Aus: „Wie ich Schriftsteller wurde“ – Vorwort. Gesammelte Werke in Einzelausgaben, Band I, Aufbau Verlag DDR, 3. Auflage 1982, S. 10.
Die Deutsche Freiheitsbibliothek
Alfred Kantorowicz wiederum gründet ein Jahr nach der Bücherverbrennung in Paris unter dem Namen Deutsche Freiheitsbibliothek eine „Bibliothek der verbrannten Bücher“. Am Eröffnungstag zählt die Freiheitsbibliothek über 11.000 Bücher. Nach dem Einmarsch der Deutschen Wehrmacht wird die Bibliothek zerstört.
Nicht immer willkommen
Die strengen Einwanderungsbestimmungen der Zielländer stellen für die meisten EmigrantInnen hohe und manchmal nicht zu überwindende Barrieren dar. Willkommen sind die wenigsten, und eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung bzw. eine Arbeitserlaubnis ist die Ausnahme. Meist haben nur Prominente bzw. über persönliche Beziehungen verfügende AutorInnen die Chance, ein Einbürgerungsverfahren erfolgreich zu absolvieren.
Bert Brecht, der in der Zeit seines Exils unter anderem in Frankreich, Dänemark, Schweden, Finnland und den USA lebt, schreibt in „An die Nachgeborenen“:
„Gingen wir doch öfter als die Schuhe die Länder wechselnd
Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt
Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.“
Letzte Hoffnung
Shanghai ist der einzige Hafen der Welt, in dem auf der Flucht vor dem nationalsozialistischen Terror eine Einreise ohne Visum möglich ist.
Bis Mitte 1940 muss man von Trient oder Genua aus „nur“ eine wochenlange Schiffspassage auf sich nehmen. Ab dem Kriegseintritt Italiens am 10. Juni 1940 ist nur noch der Weg über die UDSSR mit der Transsibirischen Eisenbahn offen. Nach dem Angriff Deutschlands auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 ist auch dieser Fluchtweg geschlossen.