RAPHAEL VOGT – DIE TIEFE DES BECKENS – EPILOG

Raphael Vogt schließt mit dem Epilog die Veröffentlichung von „Die Tiefe des Beckens – Fragmente einer Novelle“ ab. Der Autor freut sich weiterhin über Ihre Gedanken und Anregungen zum zehnteiligen Text: Raphael Vogt Epilog Ich habe mir einen Boxsack gekauft. Er ist beigefarben, etwa einen Meter groß, hat einen Durchmesser von 30 Zentimetern und hängt … Weiterlesen

RAPHAEL VOGT – DIE TIEFE DES BECKENS – Teil 9

VII Black Box

Der Flugschreiber verbirgt sich wohl auf 6000 Metern Tiefe, am Meeresgrund und mit ihm die gesuchten Antworten. Ein Passagierflugzeug bewegt sich durchschnittlich vermutlich auf 10.000 Metern Höhe, zwischen Höhe und Tiefe liegen also 16 Kilometer Unterschied und außerdem ein großer Sturz, ein tragisches Scheitern, ein langer Fall. Ich weiß auch nicht was dieser Gedanke soll. Es liegt wohl an meiner Faszination an Höhe und Tiefe. Muss denn eigentlich unbedingt jemand verantwortlich gemacht werden für den Flugzeugabsturz, das ertrunkene Kind, den Klimawandel, die seltsamen Auswüchse der kapitalistischen Gesellschaft?

Außer – das Schicksal selbst?

Es folgt …

Ein Synapsengewitter:

Ich finde die Aufklärung schießt über ihr Ziel hinaus, wenn daraus zwingend resultiert, dass Gott nicht existieren kann, genauso, wie die sexuelle Aufklärung übers Ziel trifft, wenn sie als Freibrief für beziehungslose Sexualität verstanden werden will. Weswegen veralteter Konservatismus meiner Ansicht nach auch nicht gerade die rettenden Signale zur Erneuerung und Wiederbelebung unserer Gesellschaft sendet. Was wir stattdessen wirklich brauchen? Erst wenn der Eros an Macht und die Macht an Eros verliert – ohne dass beide Pole jedoch sich ineinander aufheben – wird Frieden und eine tiefer gründende Gleichberechtigung möglich sein.

Pole, Polarität, Polarkreis.

Aber Gleichberechtigung ist nicht nur zwischen den Geschlechtern ein großes Thema. Wir als Bewohner der westlichen Hemisphäre z.B. erwarten von China Klimaschutz, während wir uns reichhaltig mit deren Billigware eindecken, die wiederum lediglich aus zwei Gründen so billig ist wie sie ist. Zum einen aufgrund den eben nicht besonders hoch motivierten Zielen im Umwelt- und Klimaschutz und zum zweiten den erschreckend niedrig gehaltenen Bedingungen was grundlegendste Menschenrechte, geschweige denn einer halbwegs gerechten Arbeitsentlohnung betrifft. Es gibt zwischen allen Dingen einen kausalen Zusammenhang der letztlich auch die eigene Person betrifft.

Schuld tragen wir alle, auch wenn es für jeden Einzelnen unterschiedliche Gründe dafür gibt. Der Banker will lieber die Prämie anstatt die Kündigung, der Anleger mehr Geld als nur den Zins vom Sparbuch. Es ist klar, dass dieses Vorhaben von hohem Risiko begleitet wird und im Großen und Ganzen letztlich irgendwann scheitert. Ist der sogenannte „kleine Mann“ wie du und ich denn nicht an Kriegen mitverantwortlich, wenn er – wenn auch womöglich ahnungslos – durch versteckte Aktien an Waffenverkäufen in Dritte-Welt-Länder beteiligt ist, ja sogar zuletzt das ganze Geld selbst, unser aller Geld, mit dem wir Tag ein und Tag aus konsumieren und welches wir zu unserem Wohlstand und unserer Sicherheit auf Banken gehortet haben und von großen Investoren verschoben wird, samt den ursprünglichen Gleichgewichten dieser Welt?

Trotzdem oder auch gerade deswegen sind die großen Firmen teils zu Kapitalmaschinen mutiert, deren Köpfe sich (im globalen Kampf) ihrer selbst entledigen während ihnen gewährt wird im selben Schachzug noch ungestraft den Tresor zu plündern und wofür sie nach ausgiebigster Arbeitsplatz- wie Geldvernichtung noch rechtlichen Rückhalt bekommen. Wo verdammt noch mal ist das ganze Geld hingekommen? Da hat der Kapitalismus wohl schamlos wie ungezügelt die Demokratie unterwandert und macht sich längst deren Politik zu nutze, um selbige mehr und mehr auszuhöhlen und schließlich gar restlos auszuhebeln? Da darf man sich schon fragen, letztlich, ohne damit jetzt irgendeine abgelutschte Verschwörungstheorie heranzitieren zu wollen, wem diese Welt eigentlich gehört. Und wo ist die Black Box, die nach dem Finanzabsturz und anderen persönlichen wie globalen Katastrophen aus den Tiefen des Undurchschaubaren geborgen über all unsere unbeantworteten Fragen Aufschluss geben kann?

Gibt es eine Geborgenheit im Eis? Warme Kälte breitet sich aus. Ein seltsam angenehmer Schmerz.

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RAPHAEL VOGT – DIE TIEFE DES BECKENS – Teil 8

VI Lichter Diese Lichter nachts, überall, die machen mich ganz sentimental. Und ich frage mich, besonders wenn es draußen stockdunkel ist und die letzten Badegäste nach der Durchsage das Bad verlassen haben, während ich noch einmal eine letzte Kontrollrunde im Freien um die von den sanften Lichtkegeln der Scheinwerfer erleuchteten Becken drehe – liegt dort … Weiterlesen

RAPHAEL VOGT – DIE TIEFE DES BECKENS – Teil 9

EPILOG Ich habe mir einen Boxsack gekauft. Er ist beigefarben, etwa einen Meter groß, hat einen Durchmesser von 30 Zentimetern und hängt an einem Balken im Stadel. Am ersten Abend nach dem Kauf der neuen Errungenschaft habe ich gleich einmal den Schichtleiter vermöbelt. Nun ja, vielmehr wollte ich das tun. Ich habe den Boxsack verfehlt … Weiterlesen

Raphael Vogt – Die Tiefe des Beckens – Teil 7

Von Schwarzen Löchern und Maschinen Apropos Strömungskanäle und Kreisläufe. In Cern ist es bislang dann doch bei den – bereits von den Wissenschaftlern prognostizierten – kleinen Löchern geblieben. Der Weltuntergang lässt zum Glück auf sich warten. Oder auch – Gott sei Dank? Ganz nebenbei: Was bringt uns eigentlich ein Teilchenbeschleuniger? Ich wäre vielmehr für eine … Weiterlesen

Raphael Vogt – Die Tiefe des Beckens – Teil 6

IV Der Wassermann „Wenn das Wasser still ist, hat man die Klarheit und der Bademeister sieht bis auf den Grund. Die Leute dürfen sich im Wasser nicht bewegen. Es dient doch nur der Sicherheit! Siehst du den paradoxen Zusammenhang? Wer sich nicht bewegt, lebt nicht und Stillstand ist der Tod bekommt da eine ganz neue, … Weiterlesen

Raphael Vogt – Die Tiefe des Beckens – Teil 4

Als ich am 25. April zu meiner ersten Frühschicht antrat, empfing mich der Schichtleiter mit den freundlichen Worten „wir werden sehen, wie lang du das machst“, was mir wiederum Anlass genug war, den ganzen folgenden Tag an mir und jeder abgeleisteten Arbeitsaufgabe zu zweifeln, auch wenn sie an sich noch so einfach zu bewältigen war. … Weiterlesen

RAPHAEL VOGT – DIE TIEFE DES BECKENS – TEIL 3

Am Beckenrand Ich betrachte mein Auto in der Schrottpresse. Eine nackte Glühbirne schaukelt an einem langen Kabel über meinem Kopf hin und her und bewegt dessen Schatten hinter sich, während das Auto unter Krächzen gestaucht wird und sich der Bug nun allmählich nach oben aufbäumt. Der Fahrgastraum schrumpft unter dem Gestöhn der sich biegenden Bleche, … Weiterlesen