Ein Essay von Anke Singer, dass sich mit dem Thema Amoklauf auseinandersetzt.
Junge Seelen zerschellen an Klagemauern, schießen sich
verzweifelt aus quälender Bedeutungslosigkeit – ein paar
Tage lang – leben sie nach in Schlagzeilen öffentlichen
Bewusstseins. Täter ist Opfer und Opfer waren Täter.
Innen schreit Schmerz, die Trauer knüpft eine zarte
Verbindung in Betroffenheit. Kerzenlicht in sonst leeren
Kirchen – aber dann? Unter der Decke, nachts im Traum
fragt Gewissen nach Sinn. Wie konnte das geschehen?
Wieder einsam, jeder für sich allein – der Alltag begräbt
junges Leben, unerfüllt – gescheitert an zu vielen Realitäten.
Die Zivilisation wirft schwarze Schatten, Wirklichkeit
versinkt sprachlos in Banalität. Zarte Kindheit
träumt vom Besonderen, erhofft und wünscht sich pralles,
buntes Leben. Jugendlicher Überschwang schluckt
alltäglich grauen Einheitsbrei gewürzt mit gelangweilter
Achtlosigkeit. Kein Koch erklärt, welche Zutat förderlich,
welche giftig ist, gerührt ergibt es fade Erträglichkeit.