Rote Lilo trifft Wolfsmann

… weiters treffen sie: einen Schreib-Arbeiter, der die Revolution ausruft. Einen Nachtportier mit Doppelleben. Eine Frau, die ihr Selbstbewußtsein an einer Supermarktkasse wiedergewinnt, einen Postler, der sein Postamt überfällt. Junge Frauen und Mädchen, die an der Virginity Show teilnehmen. Eine Büroangestellte, die ein zufälliges Date mit George Clooney hat. Und noch viele mehr …

Der Ort dieser insgesamt dreiunddreißig, auf den ersten Blick teilweise seltsamen Begegnungen: die Arbeitswelt.

Wenn nun die AkteurInnen der Anthologie ihre Geschichten „offenbaren“, wurde zuvor an den Texten zwei Jahre gehobelt, gehämmert und gefeilt.

Am Anfang dieses Prozesses steht eine Idee:
Unser Literaturblog „Duftender Doppelpunkt“ feiert seinen ersten Geburtstag – es ist der 1. Mai 2006 – und wir – Petra Öllinger und Georg Schober schreiben einen zweistufigen Literaturpreis aus. Als Thema der Ausschreibung wählen wir: die Arbeitswelt.

Wir wollen uns nicht auf die Vergabe eines Preises und die Auswahl der besten Beiträge für eine Anthologie beschränken. Der zentrale Gedanke der Ausschreibung ist vielmehr, Menschen, die am Anfang ihres literarischen Weges stehen, durch die Zusammenarbeit mit einer im Literaturbetrieb erfahrenen Person zu unterstützen. Die zehn PreisträgerInnen der ersten Wettbewerbsstufe werden deshalb im zweiten Teil der Ausschreibung beim Erarbeiten eines weiteren Textes von einer Tutorin, einem Tutor begleitet.

Bis Ende November 2006 treffen bei uns über 400 Beiträge von insgesamt 323 TeilnehmerInnen ein. Neben einer Fülle an Einsendungen aus Deutschland und Österreich und etwas zurückhaltender aus der Schweiz, erhalten wir auch Texte aus Polen, Spanien, Tschechien, Ungarn und der Ukraine.

Auch wenn dieses Sujet der „Arbeitswelt“ in der deutschsprachigen Literatur zur Zeit nicht gerade en vogue ist, zeigt uns die Anzahl und Qualität der Beiträge, daß dieser wesentliche Bereich menschlichen Seins nach wie vor SchriftstellerInnen intensiv beschäftigt.

Anfang Jänner 2007 ist es soweit – die Jury trifft aufeinander und tritt zusammen. Dazu gehören Robert Hobl, Werner Lang, Peter Mitmasser und wir. Als HerausgeberIn und MitjurorIn erleben wir bei der Lektüre der Kurzgeschichten, Märchen, Gedichte, Essays Berührendes, Aufrührendes, Humorvolles, Spannendes. Der Lurch wird bei Hausarbeit gejagt, ein ehemaliger Schäfer verbringt seinen Lebensabend in einem Pflegeheim, einem kochfreudigen Mann wird das Zubereiten von Spinat zum Verhängnis. Erlebbar werden für uns aber auch Lebensbedingungen, an denen viele Menschen zerbrechen: zunehmender Arbeitsdruck, Entsolidarisierung, Mobbing, Arbeitslosigkeit.

Die Jury steht vor der Herausforderung, aus der Fülle der qualitätsvollen Beiträge die besten zehn herauszufiltern. Es wird gelesen, besprochen, gelesen und teilweise sehr kontroversiell, diskutiert. Schlußendlich einigen wir uns auf die zehn PreisträgerInnen der ersten Stufe. Die ersten drei Plätze gehen an Andreas Montalvo, Hildegard Kaluza und Magdalena Jagelke. Uns ist klar, daß viel mehr TeilnehmerInnen einen Platz vorne verdient hätten.
Daher vereinbaren wir die zusätzliche Vergabe von fünf Würdigungspreisen. Zu diesem Zweck erhält jedes Jurymitglied einen Joker.

Die PreisträgerInnen wiederum, stehen vor der Herausforderung, an Hand von zehn Kurzbiographein, die / den geeignete/n Tutor/in zu wählen …

Die Teamfindung geht erstaunlich rasch vonstatten.. Um einen strukturierten Rahmen zu bieten, legen wir eine maximal dreimonatige gemeinsame Schaffensperiode fest.
In der Praxis gestalten sich die einzelnen Kooperationen sehr unterschiedlich.

Einige entwickeln, konform mit den Ausschreibungsbedingungen, einen projektbezogenen, zeitlich beschränkten Austausch. Andere „übererfüllen“ den Plan und arbeiten bereits an weiteren gemeinsamen literarischen Projekten. Eine Preisträgerin zieht ihre Texte zurück und scheidet, auf eigenen Wunsch, aus dem Wettbewerb aus. Eine weitere Autorin entschließt sich, ohne ihre Tutorin weiterzuarbeiten.

In der vorliegenden Anthologie treffen folgende PreisträgerInnen und ihre TutorInnen aufeinander:

die PreisträgerInnen und ihre TutorInnen

(in alphabethischer Reihenfolge der PreisträgerInnen)

  • BARBARA FINKE-HEINRICH: Traude Korosa
  • HILDEGARD KALUZA: Raimund Bahr
  • ANDREAS MONTALVO: Ingeborg Struckmeyer
  • THOMAS MOKKAHOFF: Gerald Grassl
  • SILKE RATH: Horst Oberbeil
  • ARMIN SCHMIDT: Marinus Münster
  • ESTHER SCHMIDT: Markus Dosch
  • JOHANNA VORHOLZ: Armin Baumgartner
  • PETRA WILHELMI: ohne TutorIn
  • ohne PreisträgerIn: El Awadalla
  • ohne PreisträgerIn: Marie-Sophie Michel

Insgesamt umfaßt die Anthologie achtzehn Texte der PreisträgerInnen, fünf Texte der WürdigungspreisträgerInnen und zehn Texte der TutorInnen.

Besonders freuen wir uns, daß uns auch TeilnehmerInnen, die nicht zu den GewinnerInnen zählen, über ihr literarischen Schaffens auf dem Laufenden halten. Unser Wunsch, eine Vernetzung innerhalb der schreibenden „Zunft“ zu entwickeln, erfüllt sich … Ein Netzwerk, in dem sich der Begriff der Solidarität manifestiert: durch gegenseitige Unterstützung und voneinander Lernen.

Mitte Dezember 20007 ist es soweit – die Jury trifft noch einmal aufeinander. Nach einigen Stunden der intensiven Diskussion werden die drei GewinnerInnen der zweiten Wettbewerbsstufe gekürt: Thomas Mokkahoff, Esther Schmidt und Barbara Finke Heinrich werden zur abschließenden Festveranstaltung und Preisverleihung nach Wien eingeladen.

Und Sie sind eingeladen, dem Treffen der eingangs erwähnten AkteurInnen nun beizuwohnen.

Wir danken allen Menschen, die zum Gelingen dieses Literaturpreises beigetragen haben. Den TeilnehmerInnen, den TutorInnen, den Jurymitgliedern; jenen, die für unser Projekt die Werbetrommel gerührt haben; Raimund Bahr für seine verlegerische und buchtechnische Hilfestellung, Franz Gratzer für die graphische Unterstützung.
Wir wünschen viel Vergnügen!

Petra Öllinger und Georg Schober

Die Texte wurden in ihrer Individualität soweit als möglich erhalten. Sie finden daher in der Anthologie die alte und die neue Rechtschreibung.

Mehr Infos?

Der Verlauf des Wettbewerbs
Entscheidung der Jury
Die PreisträgerInnen 1-10 der 1. Wettbewerbsstufe
Die 5 WürdigungspreisträgerInnen der 1. Wettbewerbsstufe

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