Karpfen, Krebs und Kälbernes

Geschichte zum Anbeißen

Die Geheimnisse historischer Kochrezepte, ergründet für den modernen Hausgebrauch. Von Kreuttern und Inge …

Die Basis für die vorliegende Rezeptesammlung bildet ein handgeschriebenes bürgerliches Kochbuch aus dem Jahr 1769 mit insgesamt 196 Rezepten. Wer jedoch schon einmal versucht hat, anhand alter Aufzeichnungen einen kulinarischen Versuch zu starten, weiß: verwirrende Mengenangaben und rätselhafte Zutaten zwingen einen meist es beim Versuch zu belassen.

Setze in einem Höffen, lasse es sieden, hernach waltz es in mehl umb, backs in schmalz, so ist es förtig.

Damit geneigte Hobbyköche das vorliegende Werk praktisch umsetzen können, haben die Autorinnen dreißig dieser Originalrezepte für die moderne Küche aufbereitet.

Seltsam klingende Gerichte wie „Schwarze Brodt Dorten“, „Reiss Wändel“ oder „Kölberne Cärminätl In Der Soss“ werden ihrer Unverständlichkeit enthoben und nachkochbar.

Neben der Aufstellung der einzelnen transkribierten Rezepte finden sich auch interessante Topfgucker in die Sozialgeschichte des Essens und Trinkens, in die Ernährungsgewohnheiten im 18. Jahrhundert oder die generelle Bedeutung verschiedener Speisen und Zutaten. Ob jedoch „die Entdeckung des Rübenzuckers und die Bedeutung der Runkelrübe für die Ernährung des modernen Menschen“ tatsächlich „nicht hoch genug eingeschätzt“ werden kann, ist fraglich.

Ein kulinarisches Glossar verrät schließlich, daß es sich bei Cärminätl um ein Rippenstück handelt, Kreutter heutzutage Gräten sind und Inge eine Bezeichnung für Ingwer ist. Den Abschluß bildet ein umfangreiches Literaturverzeichnis.

„Karpfen, Krebs und Kälbernes“ ist bereits die sechste Zutat in Mandelbaums feiner Kulinaria, wo es sich neben Alexandre Dumas´ „Das große Wörterbuch der Kochkunst“ oder „Die georgische Tafel“ von Nana Ansaris in bester Gesellschaft befindet.

Und weil das Auge bekanntlich mitißt, hat man sich auch bei der Gestaltung des Buches ins Zeug gelegt: gebunden in strahlendes oranges Leinen und versehen mit Lesebändchen sowie der richtigen Dosierung in punkto Abbildungen von Fischköchinnen, Äpfelverkäuferinnen oder historischen Ansichten des Wiener Grabens ist der lukullische Historientrip durchaus auch für bibliophile Kochmuffel geeignet. Kurzum: einfach „gutt“.

Petra Öllinger

Maria Breunlich, Helga Haas – Karpfen, Krebs und Kälbernes. Ein bürgerliches Kochbuch aus der Barockzeit. Mandelbaum (Wien, 2004)

Aus dem alten Blog

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