Haben ehemalige Friedhöfe und Gstettn in Wien etwas gemeinsam? Der Historiker Peter Autengruber beweist mit seinem im Promedia Verlag neu erschienen Buch „Parks und Gärten in Wien“, dass es mehr Gemeinsamkeiten zwischen den Orten der letzten Ruhe und der Stadtwildnis gibt, als es auf den ersten Blick erscheint.
Sie und „herkömmliche“ Park- und Grünanlagen dienen als Erholungsgebiete, sie sind Orte der Kommunikation, verlängerte Wohnzimmer, Mädchengärten, Kartenspieltreffpunkte, Sportplätze … Grünflächen in Wien sind wahre Fundgruben an Zeugnissen für sozial- und kulturgeschichtliche, religiöse und politische Entwicklungen – und es müssen nicht immer Prunkanlagen wie Schönbrunn oder das Belvedere sein, um diese Schätze zu heben.
Für diese etwas andere Art einer Stadtexpedition, bietet „Parks und Gärten in Wien“ eine ausgezeichnete Orientierungshilfe.
Noch bevor es auf praktische Erkundungstouren durch Wiens Grünanlagen losgeht, pirscht sich die LeserInnenschaft auf theoretischen Pfaden durch das aufschlussreiche Einleitungskapitel. So erfährt man unter anderem, dass der „Beserlpark“ nichts unmittelbar mit dem gleichnamigen Reinigungsutensil zu tun hat. Vielmehr bezieht sich die Bezeichnung auf den 1860 angelegten Franz-Josefs-Kai. Die hier angepflanzten Bäume ähnelten Besen, die verkehrt herum in die Erde gesteckt wurden. Ebenfalls interessant: der kurze geschichtliche Abriss über die Entstehung der Wiener Parks und Gärten bzw. deren Bedeutungswandel im Laufe der Jahrhunderte.
Peter Autengruber, der bereits mit seinem „Lexikon der Wiener Straßennamen“ aufwändige Recherchearbeit leistete, legt mit seinem neuen Buch „Parks und Gärten in Wien“ das Resultat einer weiteren Pionierarbeit vor. Deutlich wird der Einsatz, wenn man bedenkt, dass er und die Theaterwissenschafterin, Germanistin und Autorin Ingrid Autengruber (zuständig für die Fotos) jeden der 282! hier dokumentierten Grünflächen persönlich aufgesucht haben.
Die grünen Lungen (von Miniflächen bis hin zu ausgedehnten Parks) sind im Buch bezirksweise zusammengefasst und beinhalten eine kurze Entstehungsgeschichte, Sehenswürdigkeiten und Angebote zur Freizeitgestaltung. Am Anfang jedes der insgesamt 23 Kapitel findet sich eine alphabethische Auflistung der Parks und Gärten. Am Ende gibt es jeweils einen speziellen Parktipp. Spannend sind die Streifzüge abseits von Schönbrunn, Belvedere oder Karlsplatz vor allem deswegen, weil die jeweiligen Parktafeln Hinweise auf die Entstehung der Grünanlage bzw. auf deren NamenspatronInnen geben. Und so manches verkehrsumtoste, auf den ersten Blick nicht sehr einladende Mini-Grünstück lädt schlussendlich dann doch zum Verweilen ein. Ein Umstand, der neben dem obigen Aspekt auch darin begründet ist, dass die MitarbeiterInnen des Stadtgartenamtes auch das kleinste grüne Plätzchen liebevoll pflegen.
Weiterführende Literatur und Internetadressen im Anhang machen „Parks und Gärten in Wien“ zu einem aufschlussreichen Fundus fürs „Streunen“ durch „Wald und Flur“. Ingrid Autengrubers zahlreiche Farb- und Schwarz-Weiß-Fotos runden das sorgsam recherchierte Buch ab. Darüber hinaus liegt damit ein sehr wohlfeiler (Stadt)-Führer vor, der sogar für eingefleischte WienerInnen viele Überraschungen bietet.
Petra Öllinger
Peter Autengruber – Parks und Gärten in Wien. Fotos von Ingrid Autengruber. Promedia Verlag, Wien, 2008. 248 Seiten, € 17,90.