Teil1: Der Höhepunkt der Aktion „Wider den undeutschen Geist“
Der 10. Mai 1933 in Bonn
„Ein langsam niedergehender Mairegen und Mitternacht. Und doch: mehrtausendköpfig die Menge, die auf dem Markt schon seit Stunden ausharrt. Langsam schieben sich die braunen Kolonnen der Nationalsozialisten und dann das Feldgrau des Stahlhelms zwischen die Mauern der Bevölkerung hindurch auf das weite Karree. Mit Sporengeklirr und wehenden Fahnen marschieren die Chargierten der Korporationen und die Aktivitas an und nehmen um den Scheiterhaufen Aufstellung. Dann – natürlich ohne Tritt! – eine große Gruppe von Studentinnen und schließlich die Freistudenten. Der Markt ist gefüllt. Grell leuchten die Scheinwerfer auf das Rathaus. Die große Freitreppe liegt in einer Flut von Licht. Hier haben sich die Führer der Nationalsozialisten, der Studentenschaft eingefunden und hier sind auch die Dozenten der Hochschulen versammelt. …“
General-Anzeiger für Bonn und Umgebung vom 11. Mai 1933 (Nr. 14628, S. 3) „Flamme empor! Die Bonner Studenten-Kundgebung ‚Wider den undeutschen Geist’“
Die Rede von Walter Schlevogt, dem Führer der Bonner Studentenschaft bildete den Auftakt: „Man stehe in einer Revolution, die aber erst begonnen habe. So sei auch mit dem flammenden Feuer nicht die Aktion gegen den undeutschen Geist vollbracht, sondern erst eingeleitet. Ihr Ziel sei die Ausrottung aller undeutschen Geistesproduktion.“ General-Anzeiger für Bonn und Umgebung vom 11.5.1933.
Der Germanist Hans Naumann fasste danach sein Credo folgendermaßen zusammen.
„Fliegt ein Buch heute Nacht zuviel ins Feuer, so schadet das nicht so sehr, wie wenn eines zu wenig in die Flammen flöge. Was gesund ist, steht schon von allein wieder auf.“
Der Kunsthistoriker Eugen Lüthgen geht in seiner Feuerrede noch einmal auf das Kultur- und Literaturverständnis des Nationalsozialismus ein.
„Groß ist die Zahl der Verführer und Schänder des deutschen Geistes. Hinein in die Flammen mit dem Gift des Klassenkampfes und des Materialismus, mit den Zeugen der Dekadenz und des moralischen Verfalls; hinein in die Flammen mit dem Werk eines Kautzky und Marx, eines Heinrich Mann, eines Glaeser und Kästner. (…) Den Flammen überantwortet auch die Verfälscher unserer Geschichte, die statt Ehrfurcht vor dem Großen unserer Vergangenheit die Herabwürdigung predigten oder in volksfremden Journalismus demokratischjüdische Frechheit bekundeten. Hinein in die Glut mit dem, was artfremden Geistes bei Emil Ludwig, Werner Hegemann, Theodor Wolff, Georg Bernhard und Erich Maria Remarque. Wer immer aber das kostbarste Gut unseres Volkes, die deutsche Sprache dünkelhaft verhunzt, wer in anmaßender Frechheit Wert und Würde des deutschen Volksgeistes antastet, auch der gehört, wie Alfred Kerr, Tucholsky und Ossietzky, mit seinem Werk auf diesen Scheiterhaufen. (…) So werfen wir auch im Geiste hinein in diese Flammen die wurzellosen Machwerke der bildenden Kunst, die Spiegelbilder der Zeit der Korruption und Zersetzung, allen Schmutz und Schund, der dem unkünstlerischten Grundsatz folgte, den es je in weiter Welt gab, dem Grundsatz der Formzertrümmerung.“
Die Zitate sind einem Artikel von Dr. Ingrid Bodsch, Direktorin des Stadtmuseums Bonn und der Broschüre „Kampf wider den undeutschen Geist“, Bonn 1933 entnommen.
Weiterführende Links:
Dokumente und Fotos zur Bücherverbrennung in Bonn 1933
Erklärung von Bonner Hochschullehrern aus dem Jahr 1933
Siehe auch Teil 2: Bücherverbrennung Bonn 1933 – 2013 Bonn gedenkt der Bücherverbrennung von 1933
1 Gedanke zu „Bücherverbrennung Bonn 1933 – 2013“