Unmajestätische Ernte von königlichem Gemüse
Oft wird er mit dem Attribut „nobel“ versehen – der Spargel. Weniger nobel hingegen sind die Bedingungen, unter denen das Gemüse das Licht der Welt erblickt.
Verlegen senkt er den Kopf und geht auf Melinka zu, die wie zur Abwehr ihren rechten Arm hebt.
So endete Armin Schmidts „Die Erntehelferin“. Diesen Text hatte der Autor im Rahmen der zweiten Stufe des Literaturpreises „Der Duft des Doppelpunktes“ verfasst; gemeinsam mit Marinus Münster. Und sie entwickelten die Geschichte der polnischen Erntehelferin Melinka weiter in der Erzählung „Die Spargelstecherin“.
Melinka verdingt sich in Deutschland gemeinsam mit Landsleuten als Hilfskraft auf dem Spargelhof von Wolfgang Hillebrand. Dieser nutzt als Arbeitgeber Melinkas Abhängigkeit von ihm aus. Er stellt ihr nach, und als sie seine „Avancen“ ablehnt, intrigiert er gegen sie. Die Frau des Hofbesitzers, Gretchen Hillebrand, scheint unwissend.
Spargelfelder und Wohncontainer; Liebe und Rivalität, Intrigen und Solidarität, das Ernten des „königlichen Gemüses“ im Akkord bei unerträglicher Hitze, Fremdsein und Sorgen um die daheim Zurückgelassenen sind die „Ingredienzien“ dieser Saisonarbeit.
Armin Schmidt und Marinus Münster geben Einblick in ein Arbeitsleben, deren ProtagonistInnen nur selten in der Öffentlichkeit beachtet werden. Über das Spargelstechen schreiben die Autoren in einer bildlichen Sprache, dass man beim Lesen den Rhythmus dieser Tätigkeit beinahe körperlich spürt. Darüber hinaus halten sie ein Ende parat, in dem nicht nur Gretchen Hillebrand überrascht …
Petra Öllinger
Marinus Münster, Armin Schmidt: Die Spargelstecherin.
Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2011. 155 Seiten. € 11.- (D).