Maria unterm Lindenbaum
lullt ihren Sohn in Schlaf und Traum.
Herr Joseph auch, der wackre Greis,
ist eingenickt und schnarcht ganz leis.
Vier Englein aber hocken dicht
auf einem Ast und schlafen nicht.
Sie schlafen nicht und singen sacht,
kein’ Nachtigall es besser macht!
Groß überm Wald her, Himmelsruh,
hebt sich der Mond und guckt herzu.
Maria reißt die Augen auf,
ihr fiel ein Schlummerkörnlein drauf.
Und ist erst in der halben Nacht,
daß sie bei ihrem Kind gewacht.
Sie sieht in all den Silberschein
mit großen Augen still hinein.
Hört kaum das Lied von obenher,
ihr Herz ist bang, ihr Herz ist schwer,
ein Tränlein fällt ihr auf die Hand
und blitzt im Mond wie ein Demant.
Danke für dieses schöne Gedicht von Gustav Falke!
Hmm. Scheint mir recht tiefgründig zu sein. Vielleicht schon der Hinblick auf die Kreuzigung durch Maria? Oder ich übersehe hier etwas. Aber gut, ich persönlich mag andere Gedichte, wie den Tulpenbaum, von Gusta Falke lieber:
Der Tulpenbaum hat über Nacht
All seine Blumen aufgemacht,
Die weißen Sterne leuchten weit
In ihrer keuschen Herrlichkeit.
Es ist, als hätts die Nacht bedacht,
Was Liebes sie dem Tag vermacht,
Damit von ihrem Märchenglanz
Ein Schimmer leb in seinem Kranz.
Er aber, überreich an Licht,
Bedarf der fremden Sterne nicht,
Und bald entblättert, schnell und sacht,
Das liebliche Geschenk der Nacht.