Kinderlos, na und?

Über die lieben Kleinen und die Frauen, die gerne darauf verzichten.
Eine wohltuende Schützinnenhilfe.

Was denn? Sie als Frau haben Kinder? Ist das nicht etwas widernatürlich?
Die Fragen klingen etwas seltsam, nicht? Frauen OHNE Kinder „dürfen“ sich aber genau solche Fragen und derer Spielarten anhören.
Umso wolhtuender, dass frau nicht ganz alleine dasteht, wenn sie sich z.B. darüber ärgert, dass ihr der Gummiball des lieben Kleinen vom Nachbartisch im Cafehaus in die Tasse flutscht, diesem Ärger Ausdruck verleiht und dann seitens der Kampfmütter mit dem Killerwort Kinderhasserin niedergemäht wird.
Denn Birgit Kofler machte sich auf in die österreichische Welt der freiwillig kinderlosen Frauen – ein bunter Reigen von Frauen mit unterschiedlichstem sozialen, beruflichen und biografischen Hintergrund.
Ein gut gewählter Zeitpunkt, schwappt doch die (parteipolitische) Welle des Frau-zurück-an-den-Herd-mitsamt-Kind-und Kegel wieder besonders hoch, inklusive Schuldzuweisungen, dass egoistische karrieregeile Emanzen den Zusammenbruchs des europäischen Pensionssystems, die zunehmenden Arbeitslosigkeit und des Aussterbens der EuropäerInnen überhaupt zu verantworten haben. Birgit Kofler zeigt die Unhaltbarkeit dieser absurden Behauptungen und liefert damit Handwerkszeug für den Argumentationsnotfall.
Wohltuend, dass Birgit Kofler auch Ideen zu Buche bringt, über die sich frau/man außerhalb des eigenen FreundInnenkreises kaum reden traut (siehe obiges Killerargument): Kinderführerschein, kinderfreier Urlaub oder Kinderlosentag.
Sehr wohltuend, die Frische und der Witz mit denen viele der Interviewten von ihrem freiwillig kinderlosen, sehr spannenden und ausgefüllten Dasein erzählen – kein Herumkramen in pseudopsychologischen Erklärungskisten.
Jedoch, zwei unwohle Fragen tun sich auf:
Warum ist keine Frau zu Wort gekommen, die einen „herkömmlichen“ Beruf ausübt (z. B. Supermarkt-Kassierin), möglicherweise hätte das einen weiteren sehr spannenden Einblick in den Zusammenhang zwischen Biografie-Beruf- Einstellung zur Kinderlosigkeit gegeben.
Denn ein bisschen abgehoben klingt es ja schon, wenn Heilwig Pfanzelter (neben Gerti Senger, Andrea Händler, Birgit Sarata und Jenny Pippal ein der inerviewten Promis) davon erzählt, was sie mit Kindern von FreundInnen anstellt: „Die Kinder lieben es zum Beispiel ganz besonders, wenn ich sie in meinem Cabrio mitneheme. Da gibt es viele schöne Erlebnisse.“ …
Warum erwähnen Frauen sehr häufig, dass sie selbst zwar keine Kinder haben, sich aber sowieso um andere kümmern? Schwingt da ein schlechtes Gewissen mit, oder zeigt das tatsächlich das oft so betonte soziale Verhalten?
Im großen und ganzen ist „Kinderlos, na und“ ein humorige Schützinnenhilfe, vor allem, wenn das Motto zu herrschen scheint: Kinderhaben = brav, Kinderlossein = Pfui.

Petra Öllinger

Buchcover Kinderlos, na und?

Birgit Kofler – Kinderlos, na und? Kein Baby an Bord. Kremayr & Scheriau/Orac Verlag, Wien 2006, 192 Seiten, Euro 16.90

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