Tagebuchaufzeichnungen und Berichte aus Wien-Mariahilf
Eine Ratte ist eine Ratte ist eine Ratte. Und ein Biber ist ein Biber ist ein Biber. Jedoch: Erwin ist davon nicht zu überzeugen. Wie kann eine erwachsene Ratte – noch dazu eine mit Erwins Vergangenheit! – sich vor einem Grafitto fürchten? Ja, ein Fuchs ist dabei, und ein Wesen, das einem Esel ähnelt. Ja, es sieht so aus, als würde der Fuchs über eine Chimäre aus Ratte und Biber herfallen. Und ja, zugegeben, das alles ist riesengroß! Sogar Menschen müssen die Straßenseite wechseln, um es in seiner Gesamtheit betrachten zu können. Wenn wir nur in die Nähe dieser Straße1 kommen, wird Erwin seltsam angespannt. Er meidet diese Stelle, um es mit Erwins Worten zu formulieren: wie die Pest.
7. April
„Kirchenmaus rettet Besucher der Gumpendorfer Kirche vor Beichte“
Ich bin sehr stolz auf Elsbeth. Sie meint allerdings, dass der Titel des Zeitungsartikels doch etwas über den tatsächlichen Ablauf hinausschieße.2
Übersetzung des Artikels über Frau Elsbeths Rettungsaktion in der Gumpendorfer Kirche. Quelle: „Dreikäsehoch“ vom 7. April.
Kirchenmaus rettet Besucher der Gumpendorfer Kirche vor der Beichte
Mariahilf: Am Montagvormittag konnte ein Besucher der Gumpendorfer Kirche durch das beherzte Eingreifen von Kirchenmaus Elsbeth N. vor einem großen Unglück bewahrt werden. Eine 20-köpfige Reisegruppe, bei den Touristen handelte es sich um Haselmäuse aus Dortmund, fand sich gegen 10 Uhr vor der Kirchenbank, dritte Reihe links ein. Während der einleitenden Worte von Elsbeth N. zur Geschichte des Bauwerkes stellte eine Mitreisende die Abwesenheit von Ferdinand F. fest. „Wir lauschten den Ausführungen über den heiligen Ägydius, plötzlich war er weg“, so Brunhilde B. „Die Gefahr, sich unter den Kirchenbänken zu verlaufen oder gar von einem herunterrutschenden Gesangsbuch „Gotteslob“ getroffen zu werden war einfach zu groß, als dass ich noch länger warten konnte“, gab die Kirchenmaus als Grund für die unverzügliche Suche an. Schließlich vernahm Frau Elsbeth N. ein leises Klopfen, das aus dem Beichtstuhl kam. Herr F. war im Beichtstuhl eingeschlossen. Mit vereinten Kräften gelang es schließlich Elsbeth N. und ihrer Gruppe, die Türe einen Spaltbreit zu öffnen. Ferdinand F. konnte sich durch die Öffnung zwängen, dabei wurde sein Schnurrbart ramponiert, der jedoch kurz danach wieder seine normale Form annahm. Wie war er in diese missliche Lage geraten? „Die Türe ging plötzlich auf, ich dachte, das ist der nächste Besichtigungspunkt und die Gruppe kommt gleich nach. Ich schlüpfte hinein. Als die Tür hinter mir zufiel, bemerkte ich den Irrtum“, berichtet der erschöpfte, aber nach seiner Rettung sichtlich erleichterte Herr F. Bereits kurze Zeit später konnten die Dortmunder Haselmäuse ihre Besichtigung ohne weitere Zwischenfälle fortsetzen.(mpg)
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1 Unsere Vermutung, es handle sich um das Graffito in der Schadekgasse, wurde von Erwin bestätigt. Er macht übrigens nach wie vor einen sehr, sehr groooßen Bogen um diese Stelle.
2 Frau Elsbeths Feststellung ist zuzustimmen.
Fortsetzung folgt am 5. Mi 2015.
Alle bisherigen Abenteuer mit Herrn Leopld finden Sie hier.