„Wunderbunte Welten“ von Doris Distelmaier-Haas

Wunderbunte WeltenDoris Distelmaier-Haas arbeitet als freie Künstlerin, Übersetzerin, Schriftstellerin.
Unter anderem übertrug sie Maupassant, Molière und Perrault ins Deutsche und veröffentlichte eine Reihe von Lyrik- und Prosabänden, die meist mit eigenen Illustrationen versehen sind. Als bildende Künstlerin gestaltet sie im Bereich Bildhauerei, Installation und Malerei.

Unter dem Titel „Wunderbunte Welten“ stellt sie vom 13. März bis 7. April 2013 im Bad Godesberg im Haus an der Redoute Bilder und Skulpturen aus. Die einführenden Worte bei der Vernissage am 13. März um 17:00 Uhr spricht Frau Christiane zu Mecklenburg.

Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Freitag von 14 bis 18 Uhr
Samstag und Sonntag von 10 bis 14 Uhr

Einführende Worte von Frau Christina zu Mecklenburg zur Ausstellungseröffnung „Wunderbunte Welten“ am 13. März 2013.

Ausstellungseröffnung "Wunderbunte Welten" Über dem Kamin im Entreesaal gerät ein Vorspiel in Sicht: ein aus zwei Gemälden und einer Plastik bestehendes Ensemble spiegelt die Aspekte Mutterschaft, Geburt und Leben. Als Deutungsträger agieren eine in farbig ausgehöhlte Steinfigur (Yton), ein ins Bild gesetzter Hase, Symbol der Fruchtbarkeit und das zeichnerisch geprägte Portrait eines Kranichs, der für die Durchquerung des Lebens und das Nomadendasein steht.
Skizzenhaft spürbar werden die metaphorisch, allegorisch ausgeloteten Schlüsselthemen der Breitbandkünstlerin Dr. Doris Distelmaier-Hass: Natur, Werden, Entstehen und Sein.
Die Miniaturinstallation verrät darüber hinaus kompositorische Eigenheiten: die Neigung, klassische Motive aus Mythologie und Fabel als Katalysator einer autonom entwickelten Bildsprache, Semantik und Grammatik einzusetzen.
So basiert das Universum von „Wunderbunte Welt“ im Wesentlichen auf Umdichtungen, Erdichtungen, Verdichtungen und schlägt somit Brücken zur Lyrikerin, Prosaautorin, Übersetzerin und Literaturwissenschaftlerin Doris Distelmaier – Haas. Poesie/Lyrik, Dramolett, (kulturhistorische) Essay oder literarische Dossier sowie Komödie oder Burleske schälen hier in spielerischer Manier ihre bildhaften und plastischen Pendants heraus.

Ausstelllung "Wunderbunte Welten" von Doris Distelmaier-Haas„Wunderbunte Welten“ beschert eine Odyssee durch die ureigenen Fiktionen, Fabulierdiskurse (über den Hagestolz Hahn, die Schauspielerin und Maskeraden Künstlerin Katze), durch die Phantasmagorien und Ideenbilder der Künstlerin Doris Distelmaier – Haas. Das Potential an Anregungen, Inspirationen rührt her aus persönlichen Bildungshorizonten sowie aus Reiseerfahrungen (etwa Venedig, Russland, Nepal, 2. Heimat Leutatsch).

Die tägliche Genesis eines weit gespannten künstlerischen Aktionsradius, ein intensives Carpe Diem und das Leitmotiv „Aufbruch“ (Titel einer Steinskulptur) zum kreativen Gebären, Werden und Sein bestimmen das Profil der energischen und energiegeladenen, agilen Künstlerinnenphänomen Dr. Doris Distelmaier – Haas, die in prominenten Autorenverbänden eine anerkannte, mit etlichen Auszeichnungen bedachte Persönlichkeit ist.
In den Semesterferien erobert sich die resolute Würzburger Uniassistentin an den Hochschulen von Salzburg (die von Oskar Kokoschka gegründete „Schule des Sehens“) und Perugia das Land der bildenden Künste, examiniert bei führenden Profis wie Otto Eglan.

Dem spektralen Gefälle ihrer kreativen Wege, entspricht der „bunte“, d.h. thematisch, motivisch und technisch schillernde, verwunderlich breit gespannte Kosmos dieses Panoptikums.
Auffallend sind hier schmale, hochkant gesetzte Bildrechtecke, deren lichtweiße oder dunkle Grundierungen einmal an ein Blatt Papier, einen schwarzen Papierbogen oder an ein Filmnegativ, an einen Filmspulenausschnitt erinnern. Auf derlei Folien treten in Erscheinung die vielfach scherenschnittähnlichen Umrisslinien von organischen oder architektonischen Körpern (Tiere, mythologische, biblische Gestalten, Kapellen, Kirchen, Fesselballons).
Die assoziative Kopplung zum Material Papier untermauert gleichsam den Eindruck einer Lektüre, einem Lesestoff, eine Anmutung, die schlussendlich unterstützt wird durch das Vorherrschen von Chiffren, einer oftmals grafisch, kalligraphisch orientierten Motiv- und Ornamentwelt.

Ausstellung "Wunderbunte Welten" von Frau Doris Distelmaier-HaasAllgegenwärtig ist das Prinzip einer fein versponnenen Linienführung, die auf dem Einsatz eines Sortiments an Stiften beruht. Diese minutiös bis in den letzten Winkelzug durchformulierende Linienkunst gleicht den feinadrigen Ritzverläufen der Radierung, eine vormalige Domäne der Künstlerin.
Wie irreal verzerrte Farbnegative wirken hingegen Bildentwürfe auf schwarz changierendem oder nachtblauem Fond. Mit Papierstreifen aufgetragene Farbschichten (Acryl) bewirken eine reliefartige Räumlichkeit und Plastizität.
Schwarz schattierte Bildgründe, weiß schimmernde Leerräume stehen naturgemäß im Dienste von Polarisierungen (Positiv-Negativ, Statik-Dynamik), Kippbilderzeugungen. Bisweilen evoziert werden Anklänge an die fernöstliche Schattenspielkultur.

Gefragt ist im Oeuvre von Dr. Doris Distelmaier – Haas stets das konzentrierte Lesen zwischen den Zeilen, das Studieren von Fußnoten und Marginalien. Anschauungsmaterial dafür liefern hier Figurationen mit einem sinnbildlich reichhaltigen, turbulenten, den Gesetzen der motivischen Assoziation gehorchendem Innenleben oder Kostümierungen. Dieser Mikrokosmos beherbergt eine tiefe Motivfundgrube: etwa modifizierte Zitate aus Natur, in instrumentales Konsortium sowie ornamentale, geometrische Intarsien, Notizen der Griffelkunst, Schriftbilder und Bildschriften.
Von lokalhistorischen Anspielungen durchströmt sind etwa die Innenwelten der empirischen Spurensuche über den romantischen Kapellenkult von Leutatsch/Österreich. Eine federleichte, von Blütentaumel, biografischen Referenzen strotzende Beerdigungsfantasie ehrt den letzten Willen des portugiesischen Autors Sa Carneiro. Die promovierte Romanistin Doris Distelmaier- Haas intoniert hier die gewünschte Freudenorgie.

Rechteckige oder grobquadratisch orientierte Bildformaten mutieren zu Schauplätzen vertikaler Aufwärtsbewegungen, strudelförmiger Rotationen: Energie, Sog- und Treibkraft, Schweben, Gleiten, Schwerelosigkeit, Energie, Rhythmus, Swing, Drive und Freiheit regieren den Bildkosmos von „Wunderbunte Welten“ aus. Dieser kompositorische Schwerpunkt wird sichtbar etwa im gespenstischen Requiem einer „Bücherverbrennung“, wo der Sog verheerender Feuerbrünste über die starke Revolte aufgeschlagener Buchfluchten, nicht aber über die vergeistigten Dichter selbst triumphiert. Es greift in diesem expressiv, suggestiv heraufbeschworenem Kapitel eine Spielart von engagierter Kunst, nicht zuletzt angeregt durch Wolfgang Deuling, dem die heutige General Anzeiger Ausgabe bekanntlich eine ganze Seite widmet.

Entfesselungen von Esprit, unbekümmertem Elan, von kapriziösen Tanzchoreographien, Szenen aus Zirkusmanege, Karusselltreiben, venezianischem Karneval (Comedia dell Arte), Luftfahrt hingegen wecken Vorstellungen von Souveränität, Gleichmut, Euphorie und Lust auf Narreteien.

Staunen über das Mirakel, Geheimnis Leben, offenes, vigilantes Wahrnehmen einer sich hier verdichtenden Farbigkeit, eine gleichsam unendliche (Schlüsselchiffre:
Unendlichkeitsschleife) Daseinsfreude, anhaltende Neugierde, Eroberungslust und angesichts Mortalität, Kurzlebigkeit, Hinfälligkeit, auch das ist eine Botschaft, das Jubilate dieses lebendigen, facettenstarken Projektes.

Text: Christina zu Mecklenburg
Fotos: Senta Distelmaier
Bonn, März 2013

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