Anlässlich einer Buchpräsentation am 29.10. zum Thema Opfer der NS-Euthanasie (siehe Ankündigung im Blog), erhielten wir kürzlich eine interessante Nachricht von Herrn Karl Cervik.
Er selbst war Opfer der NS-Fürsorgepolitik und hat seine Erfahrungen in zwei Büchern veröffentlicht:
„Kindermord in der Ostmark – Kindereuthanasie im Nationalsozialismus 1938 – 1945“
2. Auflage 2004, LIT Verlag Münster
„Der Abnahmebeschluss. Eine Kindheit in den nationalsozialistischen Erziehungs- und Fürsorgeeinrichtungen in den (ehemaligen) Gauen Wien, Niederdonau und Mainfranken. Eine Spurensuche“ 1. Auflage Feruar 2007, Books on Demand Norderstedt
Aus dem Vorwort zur ersten Auflage von „Kindermord in der Ostmark – Kindereuthanasie im Nationalsozialismus 1938 – 1945“:
„Spiegelgrund“ – das klingt harmlos, fast idyllisch. Wer ahnt, was sich hinter diesem Namen verbirgt? „Kinderfachabteilung“ – hört sich nüchtern an, sachlich, korrekt… „Fürsorgeanstalt“ – der zweite Teil des Wortes kann einem schon mulmige Gefühle bereiten und negative Assoziationen („Zögling“) hervorrufen, lässt aber auch noch nicht allzu Schlimmes befürchten. T4 – dahinter kann sich nun vieles verbergen: Eine Automarke? Ein chemisches Element? Eine Wunderwaffe? Ein Medikament? Ein Aktenzeichen wofür? Für eine Aktion? Für eine Kinderaktion? Wer denkt dabei Böses?
„Kinderaktion“ – solche verharmlosenden, verschleiernden, schönrednerischen Wortschöpfungen gehören zur teuflischen Tötungsmaschinerie des Nationalsozialismus (am treffendsten hat diese Sprache Victor Klemperer analysiert in seinem Buch „LTI – Notizbuch eines Philologen. Lingua Tertii Imerpii – Sprache des Dritten Reiches.“)
Der Führer selbst ermächtigte seine Helfershelfer zur Ermordung von Kindern, von einigen tausend Kindern. – Karl Cervik hätte unter ihnen sein können. Er war in die Fürsorgeanstalt „Am Spiegelgrund“ eingewiesen worden und später in die Zweiganstalt in Ybbs an der Donau. Dort wusste man nichts von einer Fürsorgeanstalt, einer „Kinderfachabteilung“ bis zu seiner Anfrage. Er kam lebend davon.
Es ließ ihn aber nicht ruhen. Sein Schicksal nicht – natürlich -, aber noch weniger das Schicksal der anderen, die mit ihm und nach ihm dort waren und vor allem die dort ihr Leben lassen mussten. Einige von seinen Erlebnisse in diesen psychiatrischen Anstalten sind in das vorliegende Buch eingeflossen.
1 Gedanke zu „In den Fängen der NS-Fürsorgepolitik“