„Das bekomme ich schon hin.“ „Das geht sich sicher aus.“ Durchhalten und Zuversicht außen, Glosen und Brennen innen. Wie es Frauen gelingen kann, bei ihrem Tun nicht zu verglühen, zeigen zwei Bücher zum Thema „Burn-out“. Von Petra Öllinger
„Es ist besser zu verbrennen als zu verrosten“, singt Neil Young in „Into the Blue“. Für RockhaudegInnen mag diese Erkenntnis eventuell angehen. Für die meisten „normalsterblichen“ Frauen ist rosten sowieso nicht drin. Die Gründe, warum viele von ihnen ver- bzw. ausbrennen, sind auch nicht unbedingt rocksongstartauglich: Höchstleistung im Beruf, in der Kinderbetreuung, im Haushalt, in der NachbarInnenschaftshilfe, in der Angehörigenbetreuung, im Einsatz für den Umweltschutz …
Das ehemals als Manager-Krankheit titulierte Burn-out Syndrom greift auch in anderen Berufsgruppen, Alterklassen und Gesellschafts„schichten“ um sich – und die Anzahl der davon betroffenen Frauen nimmt zu. Langsam wird dieser Umstand in der (Fach-) Literatur ebenfalls sichtbar. Dazu zählen zwei Autorinnen, deren Bücher sich sowohl inhaltlich als auch in der Umsetzung dieses Inhalts ergänzen. Sabine Fabach, Psychotherapeutin und Mitbegründerin des Wiener Instituts Frauensache, und Dagmar Ruhwandl, Psychiaterin und Psychotherapeutin in München mit dem Schwerpunkt Burn-out-Prophylaxe. Beide widmen sich unter anderem explizit weiblichen Lebensrealitäten, die eben auch von Hausarbeit, Kinderbetreuung, Familienzeitmanagement … geprägt sind. Wenn das Wort „Mehrfachbelastung“ durch seine inflationäre Nennung Gefahr läuft, zu einer Worthülse zu verkommen, ist es umso notwendiger, immer wieder aufs Neue darauf hinzuweisen: die oben genannten Faktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit bei Frauen, auszubrennen.
Es sind bei weitem nicht immer „falsch gestrickte“ Persönlichkeiten, die in die Burn-out-Falle tappen. Die beiden Autorinnen erwähnen äußere Umstände und Strukturen, die Frauen ausbrennen lassen. Bestimmten Aspekten der Lohn-Arbeitswelt wie Anerkennung durch KollegInnen und Vorgesetzte, klare Ziele und Erfolgskriterien, adäquate Herausforderungen wird eine präventive Wirkung zugeschrieben. Interessant wäre in diesem Zusammenhang gewesen, welche Folgen ein Nichtvorhandensein dieser Momente auf jene Frauen hat, die nicht in einen herkömmlichen Arbeitsprozess eingebettet sind wie beispielsweise „Nur“- Hausfrauen oder Selbständige …
Sabine Fabach nennt sechs Stufen des Burn-Out Prozesses; beginnend beim vollen Einsatz für eine Sache bis hin zum völligen körperlichen und seelischen Zusammenbruch. Sie beschreibt wichtige Schritte innerhalb jeder dieser Stufen, anhand derer frau ihr Verglühen vermeiden kann. Da heißt es dann schon einmal der ewig schlampigen, unfreundlichen Kollegin endlich die Zähne zu zeigen, weniger nett zu einem cholerischen Chef zu sein oder sich rechtliche Hilfe zu holen, statt immer noch fleißiger, noch freundlicher, noch kreativer zu sein. Noch mehr von der eigene besten Seite zu geben, kann übrigens auch im Umgang mit burn-out gefährdeten Menschen zur Falle werden. Das macht Sabine Fabach im letzten Kapitel klar: Burn-out kann anstecken.
Es tut dem Ratgeberbuchmarkt ganz gut, wenn Bücher von Menschen „aus der Praxis“ verfasst werden, in denen neben fundiertem theoretischen Wissen „Sachen zum Selbermachen“ zu finden sind. So wartet Dagmar Ruhwandl mit einer Reihe von praktischen Übungen auf, die auch für nicht „gefährdete“ LeserInnen reizvoll sind; zum Beispiel „Der Wunder Tag“, „Delegiermöglichkeiten“ oder „Ich schreibe meine (Erfolgs-) Story“. Überhaupt – Erfolg. Welche Bilder bekommen wir täglich vorgegaukelt vom Erfolgreichsein: viel! Geld, eine überdimensionale Wohnung, ein großes Auto – der Schwerpunkt liegt beim materiellen Überfluss. Umso erfreulicher, dass beide Autorinnen nicht mit Ratschlägen aufwarten, wie frau diesen Erfolgsansprüchen gerecht wird. Im Gegenteil: Sie fragen nach Werten, die für eine persönlich wichtig sind. Einen Ratschlag Dagmar Ruhwandls gilt es allerdings sehr genau zu hinterfragen, nämlich jenen, dass frau sich eine Haushaltshilfe nehmen soll. Neben der Voraussetzung der Leistbarkeit, stellt sich da die Frage: Perpetuiert frau solcherart nicht das System – Frauen machen weiterhin den Dreck anderer weg, Männer bleiben den „Aufräum-“ und anderen Haushaltsaktivitäten entpflichtet … ?
Petra Öllinger
Dagmar Ruhwandl – Erfolgreich ohne auszubrennen. Das Burnout-Buch für Frauen. Klett-Cotta leben, Stuttgart, 2007. 131 Seiten, € 12,90 (D).
Sabine Fabach – Burn-out. Wenn Frauen über ihre Grenzen gehen. Orell Füssli, Zürich, 2007. 206 Seiten, € 24.- (D)