Tagebuchaufzeichnungen und Notizen aus Wien-Mariahilf
16. Juni
Jetzt ist abermals etwas passiert! Dieses Mal ist in der Laimgrubenkirche ein Feldhamster ins Weihwasserbecken gestürzt. Während der Besichtigung hatte sich der Hamster von der Gruppe entfernt und ist hinaufgeklettert.
Hedwig, eine Cousine von Elsbeth, sie wohnt in der Kirche, war Augenzeugin dieses Vorfalls und hat ihr davon erzählt. Mich wundert, dass davon nichts in der Zeitung stand.1 Befürchtet man Nachahmer?
17. Juni
Eine leichte Nordwestwind-Strömung hat aus dem Wiener Umland ländliche Gerüche nach Mariahilf gebracht. Vor meiner Haustür in der Fügergasse riecht es nach Dung. Ich hole tief Luft und fühle mich ein bisschen wie auf dem Land.
30. Juni
Ich erzählte Elsbeth von meinen Dufterlebnissen. Das kostete ihr nur ein müdes Lächeln. In ihrer Stadtwohnung in der Windmühlgasse 2 sei es damit vorbei, seitdem ihr neuerdings der Auspuff eines Busses in regelmäßigen Abständen die Abgase in ihre Wohnung blase. Elsbeth klang sehr verzagt, so kenne ich sie gar nicht. Das Menschenhaus selbst sei ja wunderhübsch, die Eingangstüre renoviert und neu gestrichen, jedoch brösle zunehmend Erde, Laub und Kehricht über das Abstreifgitter durch ihre Wohnzimmerdecke. „Und wenn der Bus dann durchfährt, ach …“, winkte sie ab. Sie werde heuer wohl etwas früher in ihr Sommer-Landhäuschen in die Magdalenengasse übersiedeln. Gute Idee. Elsbeths städtisches Domizil ist für meinen Geschmack sowieso zu futuristisch. Flachbauweise, darüber ein Abstreifgitter und erst die Eingänge! Zwölf Röhren – für jeden Mieter eine – führen im Abstand von 1 Groß-Pfot in das Innere. Ich könnte nie so Röhre an Röhre mit anderen wohnen.
Mir persönlich gefällt ihr Salettl dort hinter dem Lattenzaun unter dem Kastanienbaum sowieso besser.
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1: Hier irrte Herr Leopold. Das Ereignis fand Erwähnung in einer Kurzmeldung sowohl im Wochenblatt „Mäusepostille“ (Nummer 23, 5. Jahrgang) als auch in „ratzfatz“ (Ausgabe vom 2. Juli). In beiden Blättern wird explizit darauf hingewiesen, dass die zwei Vorfälle, jener mit der Haselmaus aus Dortmund und jener mit dem Feldhamster – er stammt übrigens aus Hasenleiten in Simmering und unternahm an diesem Tag mit seinem Kulturverein einen Tagesausflug nach Mariahilf –, nicht in Zusammenhang stünden. Tatsächlich fand seit diesem Tag auch kein (Beinahe-)Unfall dieser Art mehr statt.
2: Eine Bestandsaufnahme vor Ort macht deutlich: Die nur wenige Zentimeter über dem Gehsteig liegenden Wohnungen sind nicht nur für Belastungen durch Feinstaub und CO2 prädestiniert, sondern auch für Verschmutzungen durch Zigarettenstummel, Wurstpapiere, Rotz und Schlimmeres.
Die Fortsetzung folgt am 28. Juli 2015.
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