Literarischer Adventkalender 2013/2

KURT TUCHOLSKY: GROSSSTADT-WEIHNACHTEN

Nun senkt sich wieder auf die heim’schen Fluren
die Weihenacht! die Weihenacht!
Was die Mamas bepackt nach Hause fuhren,
wir kriegens jetzo freundlich dargebracht.

Der Asphalt glitscht. Kann Emil das gebrauchen?
Die Braut kramt schämig in dem Portemonnaie.
Sie schenkt ihm, teils zum Schmuck und teils zum Rauchen,
den Aschenbecher aus Emalch glasé.

Das Christkind kommt! Wir jungen Leute lauschen
auf einen stillen heiligen Grammophon.
Das Christkind kommt und ist bereit zu tauschen
den Schlips, die Puppe und das Lexikohn.

Und sitzt der wackre Bürger bei den Seinen,
voll Karpfen, still im Stuhl, um halber zehn,
dann ist er mit sich selbst zufrieden und im reinen:
„Ach ja, son Christfest is doch ooch janz scheen!“

Und frohgelaunt spricht er vom ‚Weihnachtswetter‘,
mag es nun regnen oder mag es schnein.
Jovial und schmauchend liest er seine Morgenblätter,
die trächtig sind von süßen Plauderein.

So trifft denn nur auf eitel Gück hienieden
in dieser Residenz Christkindleins Flug?
Mein Gott, sie mimen eben Weihnachtsfrieden …
„Wir spielen alle. Wer es weiß, ist klug.“

Kurt Tucholsky (1890-1935)

Weiterführende Links:
„Linksammlung der „Freien Universität Berlin“
Kurt Tucholsky Gesellschaft

Nähere Informationen zum Thema Bücherverbrennung und Exilliteratur finden Sie in der Bibliothek von Petra Öllingers virtueller Wohnung: biografische Daten zu über 200 AutorInnen, Titellisten der verbrannten Bücher, Hinweise auf Sekundärliteratur und weiterführende Links.

Bis zum Dienstag, 17. Dezember 2013 haben Sie auch noch die Möglichkeit, am dreiundzwanzigteiligen Literaturquiz des Duftenden Doppelpunktes zum Thema Bücherverbrennung und Exilliteratur teilzunehmen. Sie erfahren viel über die gesuchten AutorInnen und können Bücher und CDs für die Weihnachtsferien gewinnen. https://literaturblog-duftender-doppelpunkt.at/2013/02/12/literaturquiz-zur-buecherverbrennung-1933/

Schreibe einen Kommentar