Hintergründige und respektvolle Armutsberichterstattung muss forciert werden
Armutskonferenz vergibt „Journalismus-Preis von unten“
Arm ist nicht nur, wer in Pappschachteln am Bahnhof übernachten oder die Tage auf Parkbänken verbringen muss, sondern arm ist, wer am Alltagsleben nicht teilnehmen kann.
Die Statistik spricht von Armut und sozialer Ausgrenzung, wenn geringes Einkommen auch mit Einschränkungen in zentralen Lebensbereichen verbunden ist.
Als Einkommensarmutsschwelle werden 60% des Median-Pro-Kopf-Haushaltseinkommens definiert: das sind in Österreich derzeit 951 Euro für einen Einpersonenhaushalt. Die meisten Einkommen armer Menschen liegen allerdings weit unter dieser Schwelle, so haben 300.000 Menschen von Wien bis zum Bodensee nicht mehr als 600 Euro zur Verfügung.
Armut:
… heißt zugewandert, erwerbslos, alleinerziehend, working poor.
84 Millionen Europäerinnen und Europäer – 17 % der EU-Bevölkerung – leben derzeit unterhalb der Armutsgrenze.
In Österreich sind rund 1 Mio. Menschen von Einkommensarmut betroffen, knapp die Hälfte davon (492.000 = 6% der Wohnbevölkerung) lebt in akuter Armut und mit weitgehenden Einschränkungen in zentralen Lebensbereichen. Ein Viertel der Armutsbetroffenen sind Kinder. Ihre Eltern sind zugewandert, erwerbslos, alleinerziehend oder haben Jobs, von denen sie nicht leben können.
Nähere Infos: Armutskonfrenz
Anlässlich des Europäischen Jahres gegen Armut und soziale Ausgrenzung 2010 vergibt die Armutskonferenz einen Journalismus-Preis für respektvolle Armutsberichterstattung.
Ausgezeichnet werden Beiträge, die den vielen Facetten von Armut gerecht werden, Betroffene respektvoll behandelt, deren Stimmen hörbar bzw. sichtbar macht und Hintergründe ausleuchtet. Die Jury des „Journalismus-Preis von unten“ setzt sich aus Frauen und Männern mit Armutserfahrungen zusammen.
Die Ausgezeichneten:
In der Kategorie Printmedium geht die Auszeichnung an Klaus Buttinger für “Wir sind arbeitslos” (Oberösterreichische Nachrichten, 30. 4. 2010). Arbeitslosigkeit ist ein wesentlicher Aspekt von Armut. Herausragend an dem Beitrag von Klaus Buttinger ist einerseits die für eine Tageszeitung
ungewöhnliche Platzfülle und auch Platzierung in den OÖN. Andererseits kommen zahlreiche Betroffene zu Wort, die Auswahl der Betroffenen ist nicht beliebig, sondern deckt eine breite Palette von Menschen ab, sodass ein facettenreiches Bild von Arbeitslosigkeit entsteht.
lIn der Kategorie Printmedium lobend erwähnt werden Julia Ortner für “7 Euro” (Falter, 1.9.2010), Michelle Thoma für “Jung. Arm. Österreichisch. Die Loser der Nation” (Tageblatt – Luxemburg, 11.11. 2010), Bärbel Mende-Danneberg für “Offene Herzen. Geschlossene Gesellschaft” (Volksstimme, Dezember) sowie Maria Wölflingseder für “Wer arm ist, soll schweigen” (Streifzüge, April 2010).
In der Kategorie Fernsehen wird Markus Stachl für seinen Beitrag “Stopp Armut” (ORF “Thema”, 18.10. 2010) ausgezeichnet. Der sehr umfassende Beitrag überzeugte die Jury, weil er in relativ kurzer Sendezeit viele verschiedene Aspekte von Armut behandelt, wichtige Fragen stellt und dabei mit Betroffenen sehr respektvoll umgegangen wird.
Eine lobende Erwähnung in der Kategorie Fernsehen erhält Beate Haselmayer für ihre Reportage “Mütter ohne Geld” (ORF “Am Schauplatz”, 23.7. 2010).
In der Kategorie Radio erhält Teresa Arrieta für ihren Beitrag “Armutsgefährdete Alleinerziehende”(Ö1 “Journal Panorama”, 19.10. 2010) eine Auszeichnung. Die Lebensbedingungen, Nöte aber auch Hoffnungen von Alleinerzieherinnen wurden von Teresa Arrieta umfassend und facettenreich behandelt. Betroffene kommen konsequent und umfangreich zu Wort und werden hörbar ernst genommen.
Ebenfalls ausgezeichnet in der Kategorie Radio werden Maria und Matthias Reichl für ihre Sendereihe “Begegnungswege” (Freies Radio Salzkammergut). Sie haben in ihrer einstündigen Sendung mehrmals relevante Themen wie Mindestsicherung, Grundeinkommen oder das Europäische Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung ins Zentrum gerückt. Vor allem der Umstand, dass diese ausführliche Behandlung des Themas Armut trotz Ressourcenknappheit in einem freien Radio möglich gemacht wurde, soll besonders hervorgehoben werden.
Eine lobende Erwähnung in der Kategorie Radio erhält Johannes Kaup für “Die Armutsfalle und mögliche Auswege” (Ö1 “Radiokolleg”, 2. – 5.8. 2010).