Freundlicher Imperativ

schreib – dieser freundliche Imperativ aus Potsdam erreichte mich per Zufall vor einigen Monaten in Zürich. Aus dem Briefkasten kam eine „Zeitschrift für junge Literatur“, in ungewöhnlichem Format und ungewöhnlich liebevoller Gestaltung. Aus dem „schreib“ wurde ein „lies“ und ein „schau“, und der Befehl wurde mir zum Wunsch.
Seit mittlerweile über 5 Jahren stellt sich die kleine, sympathische Produktion in die literarische Landschaft um Potsdam. Als ein Projekt der Fachschaftsräte der dortigen Universität finanziert es sich zu zwei Dritteln aus Geldern der Studierenden, zu einem Drittel aus dem Verkauf in Potsdamer Buchläden und zunehmend auch über das Internet. Christoph Beck, selbst langjähriger Autor, ist seit neuestem der vierte Herausgeber von schreib. Die früheren Herausgeberinnen sind mittlerweile dem Studentenleben entwachsen; viele Autorinnen und Autoren bleiben der Zeitschrift aber weiterhin treu und veröffentlichen regelmässig.
Erklärtes Ziel von schreib ist es, zum Schreiben einzuladen und Nachwuchsautoren, unabhängig vom Alter, ein Forum für ihre ersten Veröffentlichungen zu geben. Jeweils vier Mitarbeiterinnen wählen aus den Einsendungen die Lyrik und Prosa aus, die im neuen Heft erscheinen soll. Ein Grossteil der Autoren und Autorinnen kommen nach wie vor aus dem Umkreis der Universität Potsdam, darunter einige Stammgäste wie Anna Maria Reimer, Kerstin Raatz oder Tini Anlauff, die mit „Good Morning, Lehnitz“ im Jahr 2005 ihren ersten Roman bei Kiepenheuer veröffentlicht hat. Zu den Mitwirkenden gehören die autistischen Zwillinge Konstantin und Kornelius Keulen, auch von ihnen ist bereits ein Buch erschienen („Zu niemandem ein Wort“ von Konstantin Keulen, Kornelius Keulen, und Simone Kosog. Piper. 2003). Mittlerweile hat schreib aber Mitarbeiterinnen und Leser im gesamten deutschsprachigen Raum.
Zu schreib gehört auch die öffentliche Präsentation von Literatur. Mit regelmässigen Lesungen im KuZe in Potsdam trägt die Zeitschrift zum kulturellen Leben der Stadt bei. Zu jedem Heft gibt es zwei Lesungen, die nächste übrigens bereits am 28. April 2007 um 19.30 Uhr.
Meine Anlesetipps: für die Freunde des Sports in der Literatur unbedingt die „Hommage an Churchill“ von Anja Petersen aus Heft 8 und als definitive Antwort auf die Frage „Worüber ich schreibe“ das gleichnamige Gedicht von Martin Dragosits aus Heft 11.
Bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass weiterhin zahlreiche Schreibende der unaufdringlichen Aufforderung Folge leisten, und weitere Lesende mithelfen, die Auflage von 200 Exemplaren weiter zu steigern. Über den Einsendeschluss zur nächsten Ausgabe, über Bestellmöglichkeiten und weitere Lesungen informiert man sich am Besten über den Blog

Aktuelle Ausgabe: schreib – Zeitschrift für junge Literatur. 11. Heft. Januar 2007. ISSN 1862-7153. Potsdam.

Peter Metz

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